|
|
| Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege | |
| Autor | Nachricht |
---|
Namí
| Thema: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 1:25 am | |
| Es machte einen toten Eindruck. Alles schien leblos, als hätte der Winter mit einem kräftigen Atemzug alles Leben unter die Erde verbannt. Die Mäuse vergruben sich in ihren Bauten, die Hasen drückten sich eng aneinander in ihren Höhlen und verbrachten den Tag meist mit Schlafen. Und ihre Methode, der Kälte zu trotzen, erwies sich als gar nicht mal so falsch. Futtervorräte schienen sie sich in den warmen Monaten genug angesammelt zu haben, sodass sie diese bitterkalte Zeit geschützt zu Hause verbringen konnten. Doch beneiden wollte man sie dennoch nicht. In dieser Zeit mochte die Kälte sie links liegen lassen, während der Rest der Welt um ihr Überleben kämpfte, doch kaum würde es wieder wärmer werden, hätten die Langohren den Kürzeren gezogen. Als gern gesehener Snack in den Augen jedes Jägers hatte es einen Grund, dass sie so oft im Jahr ihre Jungen warfen und aufzogen. Ohne den ganzen Nachwuchs wäre ihre Art wohl schon lange verschwunden (und das nicht nur im Winter) und mit ihnen manch auf die Läufer spezialisierter Jäger, der es versäumt hätte, auf etwas anderes umzuspringen. Obwohl noch nicht alle Blätter gefallen waren, kam es der braunen Fähe besonders kalt vor. Ungewohnt kalt. Anders kalt. Es war eine trockene Kälte, als würde dieser Ort nicht sonderlich oft Regen sehen. Und die karge Ausbeute an Pflanzen sprach nur dafür. Hier und da zierte ein kleiner, vertrockneter Busch den harten Boden, doch auch hölzerne Pflanzen hatte sie schon erspäht, die sich an das Leben hier angepasst hatten. Innerlich hoffte sie nur, dass sie es ihnen nicht gleich tun müsste und dass es in der Richtung, in die sie liefen noch weitaus schönere Flecken geben würde. Zusammengerollt und die Schnauze tief unter der Rute verborgen hatte sie sich im Schutz eines ziemlich einsam wirkenden Baumes zusammengerollt, um die Pause zu genießen. Genießen im Sinne von Kraft zu tanken. Denn bei dieser Kälte konnte man sicherlich nichts im üblichen Sinne genießen. Ein leises Knacken ließ sie den Kopf kurz heben und die Umgebung beobachten, doch kurz darauf vergrub sie sich auch schon wieder im eigenen Fell, als sie bemerkte, das lediglich der starke – und vor allem kalte - Herbstwind es gewesen war, der einen Zweig vom Baum gebrochen hatte. Ein leises Seufzen entfuhr ihr, während sie unsicher, vielleicht auch ein wenig schuldbewusst die Ohren enger an den hübschen Kopf legte. Namí war eine Fähe, die selbstbewusst und stark wirkte und war. Doch innerlich genauso zerbrechlich wie ein Spiegel, den man unvorsichtig auf den Boden fallen ließ. Sie konnte Entscheidungen für sich, wenn nötig für ein ganzes Rudel fällen, doch gleichzeitig schneller Schuldgefühle entwickeln, als es einigen wohl lieb war. Und so machte sich im Moment der Gedanke in ihrem Kopf breit, dass sie eigentlich gar nicht hier sein müssten, hätte sie nicht so gedrängt, von zu Hause fortzugehen. Nein, zu fliehen! Warum wusste sie immer noch nicht genau. Sie hatte ihrem Gefühl vertraut, ihrem Instinkt, welcher vielleicht ein wenig sensibler (gewesen) war als der der anderen. Und so hatte sie ihren Bruder gedrängt, einen anderen Ort zu suchen, einen sichereren Ort. Einen Ort, an dem das Glück nicht fern war. Doch schienen sie davon nun noch weiter entfernt als vorher. Wo bitte sollte sich das Glück schon hier, in dieser dürren, kargen Steppe verstecken? Sie winselte kurz, ehe sie, ohne genau zu wissen, wo er war, ihre Worte, leise und flehend an ihren Bruder richtete. „E s   t u t   m i r   s o   L e i d,   K o m u i .   H ä t t e   i c h   m i c h   n i c h t   s o   a n g e s t e l l t,   w ä r e n   w i r   j e t z t   z u   H a u s e . . .“
Zuletzt von Namí am Mo Okt 18, 2010 1:53 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet |
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 1:47 am | |
| Man hatte ihnen diese seltsamen Blicke geschenkt, als sie gegangen waren. Komui wusste, dass jeder des Rudels ihn für einen klugen Kopf gehalten hatte, der in den richtigen Momenten richtig handelte, der in den richtigen Momenten Ruhe bewahrte. Gehörte zu diesem Spiel nicht auch dazu, dass er seiner kleinen Schwester vertraute - wohl nicht. Denn als er ihr gefolgt war, hatten sie ihn nur mit abfälligen Blicken bedacht, als wäre er wahnsinnig, einer Wahnsinnigen zu folgen. Wahnsinnig. Der Weißbraue ließ den Blick auf seiner kleinen Schwester ruhen, die eingerollt am Fuße eines Baumes lag und hoffte, dass der Wind jemand anderes treffen würde als sie. Wie sie die Spitze ihrer Schnauze in dem weichen Fell der Rute versteckte und die Augen zusammenkniff, in der Hoffnung, wenn sie sie wieder aufmachte, wäre der Sommer zurück... doch es würde nicht passieren. So leicht ließ sich die Sonne nicht mehr herbeten. Komuis Blick wanderte weiter über die kahle, kalte Steppe, auf welcher sich Bäume tummelten, die aussahen, als hätte man sie aus dem Boden gerissen und verkehrt herum, mit den Wurzeln nach Oben, wieder aufgestellt. Hier war alles so anders als 'daheim'. Das daheim, bei dem Komui und Namí schon so lange gelebt hatten, und von dem sie geflohen waren... ja, geflohen, denn der Alpha hatte sie nicht gehen lassen wollen. Und so kam es, dass die beiden suchenden Geschwister nun ganz allein in dieser Kaltwüste überleben sollten. Plötzlich durchbrach die liebliche Stimme seiner Schwester die erdrückende Stille, und Komuis warmer Blick ruhte auf ihr, während er den traurigen Worten laufschte. Dann verzog er das Maul zu einem Lächeln, trat näher und ließ sich zuerst auf Hinter-, dann auch auf die Voderläufe nieder, sodass er neben ihr lag und die mit der kalten Nase anstupsen konnte. „W a s   r e d e s t   d u   n u r   w i e d e r,   N a m í ?   D e i n   I n s t i n k t   h a t   u n s   d o c h   n o c h   n i e   e n t t ä u s c h t . “ Der Ältere erhob sich, immer noch sanft auf seine Schwester herablächelnd, wieder, und reckte den Kopf. Es war wohl zeit, die beschwerliche Reise fort zu setzen. Die beiden durften nicht zu lange Pausen machen, ansonsten würden ihre Glieder steif vor Kälte werden, und wer wusste, was dann mit ihnen geschehen würde. . .
Zuletzt von Komui am Mo Okt 18, 2010 2:20 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet |
| | | Namí
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 2:14 am | |
| Das sagte er immer, immer und immer wieder. Ihr Blick fiel gen Boden, wenn sie auch froh war, seine Wärme zu spüren. Wobei selbst die kalte Schnauze tatsächlich warm schien. Verrückte Welt. Obwohl sie sich einerseits kein bisschen unschuldiger fühlte, musste sie sich eingestehen, dass die liebevollen Worte ihres Bruders einfach nur gut taten – Sie spüren ließen, dass sie sich eigentlich keine Gedanken machen brauchte. Doch man konnte es nicht leugnen. Schuld war etwas, was man nicht so leicht los wurde – begründet oder unbegründet – vielleicht sogar nie mehr. Doch nun war es wieder an der Zeit, ihrem Bruder zu glauben. Nur für den Moment, denn länger schien es ihr nicht möglich. Nicht im Moment. Sie lauschte seinen Bewegungen, ehe sie den Blick hob und sein Lächeln erwiderte. Solange sie zusammen waren, durfte konnte doch gar nichts geschehen, oder? „E s   w i r d   Z e i t   a u f z u b r e c h e n ,   n i c h t   w a h r ?   H o f f e n   w i r ,   d a s s   w i r   d i e s e s   G e b i e t   s c h n e l l   v e r l a s s e n   k ö n n e n .” Innerlich hatte sie diesen Moment herbeigesehnt und gefürchtet zugleich. Sie wollte hier fort, doch auch sehnte sie sich nach Ruhe und Frieden. Doch Komui hatte Recht (auch wenn er nichts gesagt hatte, sie wusste, dass sein Verhalten nur das bedeuten konnte) – Wenn sie weiter hier bleiben würden, ohne sich zu bewegen, wäre es später unmöglich. Sie mussten laufen, mussten in Bewegung bleiben und das Blut durch ihre Adern pumpen, um nicht zu erfrieren. Also erhob auch sie sich, streckte die Glieder und blickte ihren Bruder erneut an. Wohin sollten sie gehen? Jeder Busch, jeder Büschel glich dem anderen haargenau und dank dem Wolkenmeer am Himmel, war die Sonne keine große Hilfe (auch im Bereich der Wärme wie schon gesagt nicht). Ein weiterer kräftiger Windstoß erreichte sie und ließ die kahlen Äste knacken und knarren, während Namí die Ohren an den Kopf schmiegte und versuchte, sich aus dem Wind zu drehen. Herbst und Winter sollten wirklich nicht zusammen arbeiten. Es war einfach noch tödlicher. Sie blickte sich um, versuchte zu erkennen, woher sie gekommen waren und beschloss dann für sich, dass der Weg vor, links oder hinter ihr einer der Wege sein musste, den sie nun nehmen mussten. Doch diese Entscheidung überließ sie lieber Komui. Sie hatte genug angerichtet, o ja. Und statt ihre Suppe auszulöffeln (sie würde den Teller sicherlich zum Überlaufen bringen), überließ sie dies lieber dem, der es auch konnte. „I n   w e l c h e   R i c h t u n g ,   d e n k s t   d u ,   s o l l e n   w i r   g e h e n ?” Ein fragender Blick mit schiefgelegtem Kopf galt dem Rüden, während Namí kurz die Rute pendeln ließ und sich erneut auf den Hinterpfoten niederließ, um mehr von der eigenen Körperwärme zu haben. |
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 2:33 am | |
| Voller Zuneigung betrachtete Komui seine Schwester, wie sie sich erhob und ihn erneut anblickte, das Vertrauen ihn ihren Augen, welches er auch in seinen trug. Vertrauen. Nur aus diesem grunde hatte er das alte Rudel überhaupt verlassen können. Enttäuschender war gewesen, dass niemand anderes dem Geschwisterpaar vertraut hatte. Dabei hatte Namí doch so oft Recht gehabt, wenn ihr Instinkt ihr sagte, dass man diese oder jene Region meiden sollte. Und weil Komui, dem die Rudelmitglieder sonst Achtung und Vertrauen entgegen brachten, auf ihn gehört hatten, war auch nichts weiter passiert. Und jetzt streiften die beiden allein und einsam durch die eisige, kahlte Steppe. Niemand von denen, in dessen Mäulern Komui der nächste beta werden sollte, hatte Mut genug gehabt, Namís Instinkten erneut zu vertrauen und sich auf die abenteuerliche, wenn auch etwas waghalsige; aber vor allem wichtige Reise zu machen. Da blieben sie beide. Die einander vertrauten. Aus irgend einem, lächerlichen grund schien genau dieses nun so wichtig. Vertrauen. Komui nickte seiner Schwester zu, während er auf sie zu kam, und dann, eng an ihr vorbeistreichend, sich automatisch an die Führungsposition stellte. Das sollte auf keinen Fall bedeuten, dass er Namí unterwarf. Eher, dass er sie beschützen würde. Er würde. „V o n   r e c h t s   s i n d   w i r   g e k o m m e n,   l a s s   u n s   w e i t e r   n a c h   l i n k s   l a u f e n .   S o   g e h e n   w i r   i m m e r   g e r a d e a u s.“ Also reckte Komui den Kopf, trotzig scheinbar gegen den Eiswind, wandte sich nach links und setzte schweigend eine Pfote vor die andere, die Augen immer auf den Horizont gerichtet, in der Hoffnung, dort etwas anderes zu erblicken, als Busch und Strauch und Baum und Busch und Strauch und Baum und Busch und. . . |
| | | Namí
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 3:07 am | |
| Es war nie einfach gewesen, sie zu sein, doch es hatte auch noch keinen einzigen Moment gegeben, in dem sie es bereit hatte, so zu sein, wie die Natur sie gewollt hatte. Schwierigkeiten hin oder her, es war doch nur noch schwieriger, sich zu verstellen. Und es war ja nie so gewesen, dass man sie nicht mochte. Sie war eine freundliche, verlässliche Wölfin, die steht’s für jeden da war, wenn man sie brauchte. Und doch sah man sie mit anderen Augen, anders, als man normale Wölfe sah. Nicht negativ, aber auch nicht positiv. Eher… Zweigespalten. Man wusste nicht, was man mit ihrem Instinkt anfangen sollte, der im ersten Moment doch oft wie Schwarzmalerei und unglaubwürdig klang, wenn sie eines wunderschönen Morgens von der Jagd abriet, etwas… Merkwürdiges läge in der Luft. Und wenn dann gegen Mittag ein Sturm heraufzog, der die Jagd zu einem gefährlichen Unterfangen hätte werden lassen. Wie sie es machte? – Sie wusste es nicht. Sie spürte es einfach. Irgendwie.
Ein Nicken galt ihrem Bruder als Zeichen, dass sie gehört hatte und einverstanden war. Doch blieb sie noch einen Moment sitzen, sah dem hellen Rüden nach, wie er eine Pfote vor die andere setzte und mit eisernem Willen gegen die Kälte ankämpfte. Allein in der Wildnis, allein und einsam schien das Bild des Wolfs, um den herum nichts als Ebene war, Büsche, Sträucher, doch kein Leben. Ihr Blick wurde leerer, die Ohren legten sich erneut an und der Eiswind schien auch ihre Gedanken zu vertreiben. Erst, als kurz darauf ein kleiner Zweig von der Krone über ihr auf sie hinab fiel, kam sie wieder zu Besinnung und stellte verwirrt fest, dass Komui bereits weiter entfernt war, als sie sich erinnern konnte. Zügig erhob sie sich und eilte ihrem Bruder nach, ehe sie wieder in ein gemütliches Trap verfiel, sobald sie seine Flanke an ihrer spürte. So folgte sie ihm, Seite an Seite, schweigend und die Umgebung genau beobachtend.
Und genau deshalb blieb sie im nächsten Moment wieder stehen, die Rute leicht gehoben, die Ohren gespitzt und angespannt auf eine Bewegung in der Ferne wartend. Irgendwas hatte sich da doch gerade bewegt, oder? Die Momente verstrichen und Namí rührte sich nicht. Doch schließlich musste sie sich geschlagen geben und schloss erneut zu ihren Bruder auf. Ein merkwürdiges, stechendes Gefühl, als würde sie von Blicken durchbohrt in den Gliedern.
|
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 3:16 pm | |
| Eine Pfote vor die andere, die brauen Augen starr auf den Horizont gerichtet. Zwischendurch huschten sie nach links und rechts, aber wie konnte er nur denken, dass es hier irgendwas anderes geben würde als kahles Gestrüpp? Vielleicht hoffte er es sogar, vielleicht hoffte Komui wirklich, dass etwas die beiden anfiel, ein Bär, irgendjemand, der ihnen zeigte, dass Überleben hier möglich war. 'Zuhause' war es grün gewesen, und im Winter weiß. Aber da waren zwanzig andere Wölfe gewesen, die sie gewärmt hatten, die da gewesen waren... Verbittert senkte Komui den Blick und biss die Zähne zusammen. Die Enttäuschung wallte erneut auf. Natürlich hatte sie und die anderen gewusst, dass es schwierig werden würde. Vielleicht hatte der ein oder andere sogar gewusst, dass hinter dem vergleichweise Paradies diese eisige Steppe wartete- aber dennoch. Namí hatte sie bisher noch nie enttäuscht. Noch nie, ihr Instinkt hatte immer Recht behalten. Jeder der Zurückgebliebenen war dumm. Und jeder von ihnen hatte den Braunweißen gekränkt und enttäuscht... . Komui verbot sich jeden weiteren Gedanken an Caj... und drehte sich um. „N a m í ?   W a s   h a s t   d u ? “ Natürlich hatte er bemerkt, dass sie stehen geblieben war. Sie durfte nicht stehen bleiben, die Kälte würde ihre Muskeln vereisen und sie langsam auffressen... doch wenn ihr Instinkt wieder etwas hatte? Wenn sie das Gefühl hatte, das etwas nicht stimmte?! Komui wandte sich nun ganz zu der Jüngeren um und ließ den Blick über die immer gleich aussehende Landschaft schweifen... nichts. Er bemerkte nichts. Besorgt tappte er ein bisschen zurück zu Namí. . . |
| | | Namí
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 3:46 pm | |
| Was dachte sie sich nur. Ein Verfolger wäre in dieser Gegend mehr als auffällig. Niemand könnte sich so gut verbergen und auf freier Ebene verschwinden. Sie schüttelte kurz den Kopf, ehe sie sich ihrem Bruder zuwandte und ihn einen kurzen Moment ansah, bis sie sich erneut vergewisserte, dass sie allein waren. Nein. Dort war niemand. Dort konnte niemand sein. Prüfend, als wolle sie sich wirklich endgültig vergewissern, hob sie die Nase in den eisigen Wind, doch auch der Bote des Winters verriet ihr nichts, was hieß, dass sie sich entweder täuschen musste oder der Fremde sich im Windschatten befand. Eine weitere Möglichkeit gab es nicht. So sehr man es sich auch wünschte. Und wenn dieser Wunsch auch nur fest, erdrückend fest an dem Begriff Fremder hing. Wem hier draußen sollte man schon schon mal begegnet sein? Etwas verspätet gab sie nun Komui die wohlverdiente Antwort. Vergessen hatte sie ihn nicht. „E s   i s t . . .   N i c h t s ,   d e n k e   i c h .   W i r   s o l l t e n   d e n n o c h   v o r s i c h t i g   s e i n .   W e r   w e i ß ,   w a s   u n d   w e r   h i e r   -   s o   u n g l a u b w ü r d i g   e s   a u c h   k l i n g e n   m a g   –   l e b t .“ Elegant wie sie war, tänzelte sie in ihrem üblichen Schritt an Komui vorbei und übernahm einen kurzen Moment die Führung, um weiterzudrängen. Sie konnte nur zu gut darauf verzichten, auf einen Luchs oder ähnliches zu treffen. Dazu hatten sie nicht die Kraft. Hinzu kam, dass sie sich in diesem Gebiet nicht auskannten. Gut, mit Hindernissen konnte man wohl getrost abschließen, doch wer wusste schon, welch‘ Tücken hier doch so lauerten. |
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 4:28 pm | |
| Wie viel Sorge, Vertrauen und Liebe konnten in einem Blick stecken? Komui machte sich keine Gedanken darüber, aber er spürte, wie es ihm die Kehle zuschnürte, Namí so ängstlich zu sehen. Auch, wenn sie sich große Mühe gab, es zu verstecken. Er würde immer wissen, was sie dachte, er würde immer wissen, wie weit sie gehen würde. Sie und er, das waren nicht zwei Faktoren, es war einer. Ohne Namí, so dachte Komui schon lange, wäre er nicht hier. Er wäre auch gar nicht beim anderen Rudel gewesen, jedenfalls nicht in der Form. Vielleicht würde er so aussehen, wie er, aber er würde niemals der Komui sein. Denn es gab 'Komui' nur, wenn es auch 'Namí' gab. Das war wichtig. Während sich Namí also Zeit ließ, ihm zu antworten, wartete der Ältere geduldig und schnekte ihr dann ein sanftes Lächeln. „S i c h e r ,   n i c h t s ?“ Nichts also. Sie war beunruhigt wegen nichts. Allein das war schon eine aufforderung, wachsam zu sein, bestärkt durch ihre Worte danach. Komui spitze die Ohren, sah sich nochmals um, konnte aber nichts entdecken. Auch er kam auf den Gedanken, das fremde Subjekt, welches seine Schwester fürchtete, vielleicht wittern zu können, doch auch da wurde er nicht überrascht. Nur trockene Kälte. Versprach Eis nicht immer Wasser? Hier schien das Eis nur aus Kälte zu bestehen, sonst nichts. Der Weißbraune senkte den Kopf und schloss zu Namí auf, die vorrangegangen war. Vielleicht wurden die beiden auch ein bisschen paranoid, weil das einzige Leben, das sie bisher erblickt hatten - abgesehen von sich selbst - knorrige Äste gewesen waren, welche sich hoffnungslos in die blendenen Himmel reckten. Wie konnte so ein hoffnungsloser Ort nur so nahe an dem Rudel liegen? Auf jeden Fall beantwortete es die Frage, warum niemals Späher in diese Richtung ausgesandt worden waren. Natürlich nicht, wenn es hier nichts gab, was man hätte erspähen können. Komui legte die Ohren leicht an, den Blick an den Horizont, das Fell ganz dicht an dem seiner wunderschönen Schwester. So sollte es sein. Egal, wo sie waren. . . |
| | | Echo
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 4:55 pm | |
| Also wirklich, konnten sich diese beiden mal entscheiden, wohin sie jetzt laufen wollten? Schon seit geraumer Zeit wanderten die beiden großen, felligen, pelzigen Wölfe im Zickzack über die leergefegte Steppe. Sie waren Verloren, zwei einsame Wanderer, und woher sie auch kamen, an dieses Klima waren sie ganz bestimmt nicht gewohnt. Er, der Einsiedler, kannte die kalte Steppe wie seine Westentasche. Er hatte auch lange dafür gebraucht, zugegeben, er musste sich jedes Detail merken, denn von der Ferne sahen alle Bäume gleich aus. Und verändern tat sich hier, das hatte Echo gelernt, auch nichts in einem halben Jahr. Ein halbes Jahr, das lebte er jetzt schon hier, deutlich zu erkennen durch seine abgemagerte Statur und die zusammengekniffenen, kleinen Augen. Ein bisschen wieder an ordentlicher Sonne, mal wieder Regen und Grün, dann wäre er wieder der Alte.
So aber war der Anderthalbjährige, der sich vor einem halben Jahr hier verlaufen und später dann angesiedelt hatte, eben zu einem wahren Wolf der kalten Steppe geworden. Er hatte angefangen, sich von den Lebewesen, die den beiden Braunäugigen sicherlich noch nicht einmal aufgefallen waren, Tricks abzugucken. Beispielsweise das Laufen gegen den Wind. Das Schlafen im inneren der hohlen Bäume. Das Ernähren von den Parasiten in den Wurzeln der struppigen Büsche, die hier mehr oder weniger wuchsen. Den kleinen Vögeln in den hohlen Bäumen. Den Nagetieren, deren beste Fähigkeit es war, sich blitzschnell einzugraben.
Auch Echo war gegen den Wind gelaufen, auch Echo, der wusste, wo welcher Baum und Busch stand, konnte sich hier perfekt tarnen. Die grelle Sonne machte alles so grau wie ihn, grau oder braun. Er betrachtete die beiden Älteren. Die beiden waren nicht alleine, sie sollte gefälligst aufhören, sich zu beschweren. Die Fähe, links von dem Rüden, die gefiel ihm. Warscheinlich war sie viel älter als Echo, sie konnte seine große Schwester sein. Aber er hatte so lange keine anderen Wölfe mehr gesehen, vor allem keine so braunäugigen, pelzigen, großen. Was wollten sie hier? Sie würden sich nur verlaufen. Der Große dachte, er ging geradeaus, bemerkte aber nicht, wie rund der Bogen war, den er zusammen mit der Fähe schlug. Irgendwer musste sie langsam wachrütteln. HIER kamen sie nie wieder heraus.
Echo, noch immer gegen den Wind, pirschte sich jetzt von hinten an sie an. Lautlos, wie eines der Nagetiere. Je näher er ihnen kam, umso mehr suchte er nach Gebüsch in der Nähe, das ihm im Zweifelsfall als Deckung dienen würde. Eben noch hatte die Fremde sich umgedreht, da dachte der Einsiedler schon, es wäre vorbei. Aber sie spielten geduldig mit ihm weiter. Echo musste grinsen. Die beiden waren echt groß, aber er hatte den Dreck, die abgemagerte Figur und die kleinen, stechenden Augen auf seiner Seite, die mehr als Beweis genug dafür waren, wie lange er hier schon lebte. "Hey, wie lange wollte ihr eigentlich noch im Kreis laufen?"Mehr als unverbindlicher ging es ja gar nicht. Echo blieb stehen, erwartete überraschte Reaktion der Beiden. Trotzig sah er erst Namí, dann Komui an. Er leckte sich schnippisch über die Schnauze. Sie hatten ihn wirklich nicht kommen hören. Er war ein Genie. . . . |
| | | Cajetan
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 9:27 pm | |
| Er zweifelte nicht daran, dass er richtig gehandelt hatte. Er war schon immer sein eigener Herr gewesen und daher war ihm seine Entscheidung nach dem Abgang von Komui und Namí nicht sonderlich schwer gefallen. Er hatte das Murren vernommen, das Munkeln gehört und einige hatten sogar geglaubt, in ihm einen passenden Gesprächspartner für ihr Unverständnis zu finden. Da dachte man doch, man sollte einen nach solch einer Zeit besser kennen. Man sollte wissen, dass der Graue gewiss niemand war, mit dem man seine Meinung teilte. Nicht in solchen Dingen. Und vor allem nicht, wenn es um seine Freunde ging. Cajetan war ein eigensinniger Wolf, auf den man sich in Ernstlagen aber trotzdem verlassen konnte. Und so hielt hatte er auch in diesem Moment zu seinen Freunden gehalten. Hatte sich nicht diesen engstirnigen Trotteln angeschlossen, die sich nun sicherlich alle in einer anderen Welt befanden. Positiv ausgedrückt.
Wären sie auch ein bisschen hellhöriger, ein bisschen intelligenter gewesen, zumindest clever genug, um zu erkennen, dass man sich (meist) auf das Gefühl der jungen Fähe verlassen konnte (man wollte ja nicht zu sehr auf etwas vertrauen), wäre es ihnen sicherlich besser ergangen. Für ihn war es klar, dass etwas oder jemand passiert sein musste. Etwas oder jemand, was Leben gekostet hatte, Blut vergossen und die Erde mit Traurigkeit gesäumt hatte. Denn hätten die anderen ihre Zeit nicht mit diesem elenden – in ihren Augen - Realismus verbracht, hätten auch sie gemerkt, dass Namí deutlich von Angst geplagt gewesen war, auch wenn sie sie versucht hatte, zu unterdrücken. Doch nein. Sowas war unmöglich. Man konnte keine Dinge vorhersagen. Achje. Damit hatten sie ja sogar Recht, doch hatte das Ganze rein gar nichts mit Hellseherei und Aberglaube zu tun. Das war einfach eines dieser seltenen 7. Sinne, mit dem die Fähe gesegnet worden war. Und dass man darauf getrost vertrauen konnte, hatte anscheinend nur ihr Bruder verstanden. Und er selbst natürlich.
Der Grund, warum er nicht direkt mit ihnen gezogen war, war einfach. Vorwitz. Der Große war ein gelassenes Wesen, ruhig in allen Situationen und erst wirklich zum Handeln bewegt, wenn er – erstens – den Gegner als würdig sah und nicht nur ein Würmchen mit großer Klappe vor ihm stand oder – zweitens – die Lage wirklich ernst wurde. Ansonsten vergnügte er sich lieber mit amüsiertem Schweigen oder sinnlosen Gegenfragen, die den anderen dann zum Stottern brachten. Er spielte nur zu gerne mit anderen Lebewesen. Aber natürlich nur zu seinem eigenen Vergnügen. Elender Egoist.
Daher hatte er sich erst in der Nacht darauf auf den Weg gemacht, ihre Witterung zu verfolgen. Und – das musste man ihm lassen – er war nah an ihnen dran. Der kalte Wind trug ihre Witterung deutlich in seine beiden Nasenflügel, die bebten, wenn er sich erneut vergewisserte, dass er in die richtige Richtung lief. Und er hätte sie schon lange eingeholt, wäre da nicht ein entscheidender Faktor gewesen. Oder anders gesagt: Wäre er nicht Cajetan gewesen. Er hatte nämlich eine junge Seele erspäht, die sich so mächtig und überlegen fühlte, die beiden Vorauslaufenden zu stellen. Bei solch einem Gedanken lachte sich der Graue natürlich nur zu gerne ins Fäustchen und somit hatte er sich dazu entschlossen, den kleinen Taugenichts zu verfolgen und bei seiner Niederlage in erster Reihe zu stehen.
Nach kurzer Zeit konnte er sogar schon seine eigentlichen Zielpersonen erspähen. Doch er blieb auf Abstand, um vergnügt festzustellen, das Namí’s Gefühl ihn auch diesmal nicht enttäuschte. Sie hatte ihn bemerkt. Unbewusst, da sie noch nicht richtig mit dem zusätzlichen Sinn umgehen konnte, doch ihr war bewusst, dass sie nicht allein waren. Schlaues Kerlchen, die Gute. Und dann kam es. Cajetan ließ sich auf Entfernung auf den Hinterläufen nieder. Sichtbar, jedoch für sie nicht zu identifizieren. Das Schauspiel würde er erst noch von Weitem begutachten, ehe er den Kleinen von seinem hohen Ross herunterzog. Man wollte ja nicht so sein. |
| | | Namí
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Mo Okt 18, 2010 10:32 pm | |
| Während ihr Herz noch einen Moment zuvor das Blut aufgeregt und angespannt durch ihre Adern gepumpt hatte, beruhigte sie sich leicht, als sie den warmen Leib ihres Bruders an ihrer Seite fühlte. Solange er da war, konnte nichts passieren. Zu zweit waren sie in Sicherheit, doch wehe einer entfernte sich in diesem… Nichts zu weit vom anderen. Etwas lauerndes, unsichtbares – der Winter selbst vielleicht – würde dann dafür sorgen, dass es kein wir mehr geben würde. Vielleicht sogar kein ich mehr. Doch daran durfte man nicht denken. Daran nicht und auch nicht an die Tatsache, dass sie ohne Namí nicht hier gewesen wären. O, o. Falscher Moment für Schuldgefühle. Sie strich mit der Schnauze sanft durch das Fell am Hals ihres Bruders, ehe sie sich leicht gegen ihn drückte und den Blick wieder gen Boden richtete. Dieses Land. Wie lange noch würden sie durch diese ewige, karge Wüste irren? Wie lange noch würde der nächste Fluss oder Bach auf sich warten lassen. Und wichtiger noch: Wie lange würde der erste Schnee noch auf sich warten lassen, der alles nur noch schlimmer machen würde? Auch wäre es nicht verkehrt, allmählich etwas Kleines zu erbeuten. Nicht notwendig, doch man musste bei Kräften bleiben. Und wer wusste, wie schnell Besagte in diesem Gebiet schwanden. Und kraftlos etwas erbeuten, war auch nicht gerade ein Ding der Möglichkeiten. Plötzlich – ein leises Grollen verließ die Kehle der Fähe, ohne, dass sie recht wusste, was sie tat. Doch einen Sekundenbruchteil danach schon, wendete etwas Worte an sie. Namí wirbelte herum und, statt weiterzuknurren, musterte sie schweigend die kargere Figur des Jungwolfs, der nun vor ihnen stand. Sie schnippte mit den Ohren, ehe sie sich auf den Hinterläufen niederließ und den Fremden einen Augenblick einmach nur reglos musterte. Ein Versuch, den Jungen zu verwirren? Zu verunsichern? – Wer wusste es schon. Doch dazu beitragend antwortete die Braune dem Verfolger nun in einem ruhigen, kindlich wirkenden Ton. „ W a r u m ?   D ü r f e n   w i r   d a s   n i c h t ?   W a s   v e r b i e t e t   u n s ,   i m   K r e i s   z u   l a u f e n   u n d   d i e   G e g e n d   z u   e r k u n d e n ?“ Innerlich natürlich biss sie sich selbst in die Rute, weil ihnen nicht aufgefallen war, dass sie immer und immer wieder an den selben Sträuchern vorbeigelaufen waren. (ES SAH EBEN ALLES GLEICH AUS!) Denn dass der Kleine log, bezweifelte sie stark. Was hätte er für einen Grund? Wenn sie da nicht wieder zu stark an das Gute im Wolf glaubte… Fast unmerklich zuckten ihre Ohren, als sie den zweiten Wolf in einiger Entfernung erspähte. Sie bevorzugte es, nichts zu sagen, denn wer wusste, ob er zu dem Knirps gehörte, der sich hier als Master aufspielte oder ihn nur verschrecken würde. Komui hatte ihn sicherlich gesehen. Der Jüngling jedoch drehte ihm geschickt den Rücken zu. Und der ferne Fremde, der schien es irgendwie gar nicht darauf anzulegen, nicht entdeckt zu werden… |
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Di Okt 19, 2010 12:45 am | |
| Komuis Lefzen verzogen sich zu einem Lächeln, als er seine Schwester so dicht neben sich fühlte. Er legte den Kopf ein Stück nach rechts und drückte seinen Kopf an ihren Hals. Sog tief die Luft ein, die durch ihr Fell strömte. Sie roch einfach wunderbar - vertraut und voller Sehnsucht. Nicht so kalt und emotionslos wie diese kalte Eissteppe vor ihnen. Komuis Blick wanderte zum Horizont, seine Augen vernegt durch den stetigen, eiskalten Wind, der ihnen entgegenbrüllte. Und dann, plötzlich, veränderte sich das vergleichsweise sanfte Bild. Zuerst die Stimme. Dann Namí, wie sie herumwirbelte, knurrend. Komui runzelte die Stirn, er hatte seine Schwester noch nie Knurren gehört. Hatte sie sich so erschrocken? Der Ältere selbst blickte auf einen jungen, grauen Wolf, dessen Fell seltsam abgerissen aussah. Seine Augen waren ganz klein und verengt, so wie es Komui immer machte, wenn er gegen den Wind ankämpfte. Würde er früher oder später auch so enden, wenn er noch länger gegen den Wind lief? Wie lange der Kleine wohl schon hier war? Aber dennoch, Komui war tief verwundert. Es gab also Leben - sogar Wölfe, nein, einen Wolf. Er wirkte nicht feindselig, eher herausfordernd. Er trat neben Namí und stupste sie beruhigend in die Seite. Vermutlich hatte seine Schwester die Worte des Fremden als Angriff empfunden. Aber auch Komui war ein bisschen pikiert, dass er tatsächlich im Kreis gelaufen war. Hier sah doch alles gleich aus... „ G u t e n -   . . .   n u n ,   i c h   v e r m u t e   m a l ,   e s   i s t   T a g .“, versuchte es der Weißbraune so freundlich wie irgend möglich. Seine Stimme klang ruhig, nicht so aufgewühlt wie Namís. „ I c h   f ü r c h t e ,   w i r   h a b e n   u n s   v e r l a u f e n ,   j a . “ Er betrachtete den Jüngeren. Er schien sich, ganz im Gegensatz zu ihm und Namí, hier auszukennen. Lebte er hier? Gab es hier ein Rudel? Komui lagen schon einhundert Fragen auf der Zunge. Aber er hielt sich zurück und betrachtete den Jüngling schweigend. Sein Blick folgte dem seiner Schwester und er erblickte aus der Ferne einen weiteren Wolf. Einen... Rüden? Einen Moment dachte er an Cajetan. Geräuschvoll ließ er den Kiefer zusammenklappen und zwang sich, wieder den struppigen Jüngling anzusehen. . . |
| | | Echo
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Di Okt 19, 2010 1:10 am | |
| Echo reckte das Kinn, als Namí ihn mit dieser kindlichen Stimme anredete. Sie tat doch nur so. Sie war doch total aufgewühlt. Er runzelte die Stirn - wollte sie ihn für dumm verkaufen? Er war kein kleiner Welpe mehr, er war Echo, der Einsiedler! Was bildete sie sich eigentlich ein?! Der Graue war leicht verärgert, während er die ausgesprochen hübsche Fähe so anschaute. Tja, hinter jedem Engel verbarg sich wohl ein gehörnter Dämon, soso!
Der andere, der Weißbraune, der schien ganz vernünftig. Immerhin gab er zu, dass die beiden sich verlaufen hatte! Echo war ja nicht blöd, er hatte mitbekommen, wie verzweifelt sie versuchten, das Ende dieses Labyrinths zu finden. Was würden sie wohl sagen, wenn er ihnen erklärte, dass er schon ein halbes Jahr hier war und noch immer keinen Ausweg gefunden hatte?! Denn es gab ja auch keinen Ausgang aus dieser eisigen Steppe, nirgends. Wirklich nicht. Gut, es gab einen Bereich, den Echo mied. Aber er war sich sicher, dass dort nicht der Ausweg war. Dort war es stickig. Nur im äußersten Notfall, wenn das Blut der kleinen Tiere und der Morgentau nicht reichten, dann wagte sich Echo nach vorne. Zum Moor. Es jagte ihm ein kurzer, kalter Schauer über den Rücken. Warum das? Wegen des Moors? So sehr fürchten tat er es dann doch nicht.
Der Graue wandte sich um und blickte in etwaiger Ferne noch einen Wolf. Nicht ganz so pelzig, aber bestimmt braunäugig, wie die beiden hier vor ihm. Er wusste nicht, wer dieser war, und das zeigte er Komui und Namí sofort, indem er misstrauisch zu den beiden blickte. Hatte er etwa einen übersehen? Das hier war sein gebiet, und seit... na, seit er hier war, war hier kein Wolf durchgelaufen. Niemand hatte es versucht. Jetzt, an diesem merkwürdigen Tag, kamen gleich drei? Der Fremde hinter ihm musste zu den beiden vor ihm gehören, anders konnte es sich Echo nicht erklären. "Verlaufen ist ein guter Ausdruck, für das, was ihr hier treibt", entschied er sich schlussendlich zu antworten. Anschließend blickte Echo wieder nach hinten, nun sichtlich nervöser. Versuchten sie ihn einzukesseln, oder so? Waren diese überfreundliche Fähe und ihr gelassener Begleiter nur die Köder? Hatte... hatte Regin sie geschickt? Nein, das konnte nicht sein, immerhin suchten die beiden Pelzigen nach einem Ausweg. Sie hätten nach ihm, Echo, gesucht, wenn Regin sie geschickt hätte. Und überhaupt, sein großer Bruder war sicherlich froh, dass Echo davongelaufen war. Es konnte sich also sonst nur um Verschwörungstheorien handeln, die er da ausbrütete. Warum hatte er dann noch immer das Gefühl, dass er eingekesselt war? "Gehört der da hinten zu euch?", murmelte er angestrengt Komui und Namí zu, während er sich wieder zu Cajetan umdrehte. . . . . . |
| | | Namí
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Di Okt 19, 2010 9:44 am | |
| Sie war selbst etwas erschrocken über ihre Worte. Die Umgebung, dieses trostlose Nichts, schlug ihr einfach aufs Gemüt. Sie war nicht sie selbst und konnte es auch nicht sein. Zusätzlich hatte sie sich erschreckt, hatte unter Spannung gestanden und auf etwas gewartet, wovon sie nicht gewusst hatte, was es war. Noch immer zitterten ihre Läufe leicht und vor allem bei dem Anblick des anderen Wolfs, dessen Zugehörigkeit noch nicht geklärt war. Sie bewunderte die Ruhe und Freundlichkeit, die Komui dem Jüngling entgegen brachte, wozu Namí gerade zu sehr damit beschäftigt war, sich an irgendetwas Rettendem festzuhalten, um sich selbst aus dem riesigen Gefühlsmeer zu ziehen, der sie im Moment immer weiter versuchte, hinunterzuziehen. Und die Tatsache, das der Graue vor ihnen, nicht gerade so aussah, als würde er hier freiwillig leben, ließ dieses Meer nur noch Tiefer werden und sie mit einem kräftigeren Sog nach unten ziehen. Sie schloss die Augen, schüttelte leicht den Kopf, während sie sich wegdrehte und ein paar Meter voraus trappte. Sie musste kühlen Kopf bewahren, wie ausweglos die Situation auch schien. Sonst wäre sie vollkommen verloren. Tief durchatmend blickte sie in jede Richtung, ehe sie sich erneut umdrehte und wieder auf die anderen zu lief. Diesmal blieb sie ein Stück zurück. Sie würde warten, was geschehen würde und Komui besser das Reden überlassen. Wer wusste schon, was das aufgewühlte Meer in ihr noch für Sätze bilden würde. Abweisend, aus Angst, der Fremde könnte von der falschen Sorte sein, obwohl sie sonst immer so gutgläubig war. Hier draußen war es nun mal ein ganz anderes Leben. Ganz anders, als sie es gewohnt waren. Anders, als sie es je gelernt hatten. Als der Fremde den anderen Wolf ansprach, galt ihn noch einmal kurz Namís Blick. Würde auch er sich dazu entscheiden, bald hierher zu kommen? Und wieso spürte sie ihn nicht? Wieso hatte sie seine Blicke nicht gespürt, nicht so, wie die des vor ihnen stehenden Wolfs. Erneut holte sie tief Luft, ehe sie die einzig mögliche Erklärung fand. Für sie zumindest. „S o w e i t   i c h   w e i ß ,   n i c h t .   D o c h   h a b e n   w i r   i h n   n i c h t   z u   f ü r c h t e n .“ Mehr Komui galt der letzte Satz. Der Fremde würde sie sowieso wieder komisch betrachten. Unglaubwürdig klangen ihre Worte. Woher wusste sie, dass sie nichts zu fürchten hatten? |
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Do Okt 21, 2010 12:18 am | |
| Komuis Blick wanderte besorgt zu seiner Schwester, die sich etwas von den Rüden entfernte, um den Kopf klar zu bekommen. Seine Miene wurde sorgvoller. Es war schon häufiger vorgekommen, dass Namí unter ihren Träumen und Instinkten litt, aber es war nie so heftig gewesen, dass ihr Kopf nicht mehr ausreichte. Der Braunweiße tappte langsam zu ihr und stupste sie liebevoll in die Seite, rieb seinen Kopf an ihrem. Er warf ihr einen tiefen Blick zu. Er würde ihre Sorgen tragen; und das für immer. Anschließend blickte Komui wieder zu dem Jüngling und hob den Kopf. Kannte er sich besser in dieser Region aus? Warscheinlich. Vielleicht wusste er den Weg hinaus. Aber warum lebte der Graue hier? Das würde niemand freiwillig tun, unmöglich. Wenn er sich also so gut auskannte, warum verließ er die Steppe nicht einfach? Wie lange lebte er hier schon? Er konnte nicht älter als die geschwister selbst sein, völlig ausgeschlossen. Es gab keine andere Erklärung, als das Echo den Weg selber nicht hinaus wusste... doch der Rüde wollte die Hoffnung nicht verlieren. Er machte mehrere Schritte auf den grauen Rüden zu und blickte ihn freundlich an. „V e r z e i h ,   w i r   h a b e n   u n s   n o c h   g a r n i c h t   v o r g e s t e l l t .   I c h   b i n   K o m u i ,   u n d   d a s   i s t   m e i n e   S c h w e s t e r ,   N a m í . “ Anschließend wanderte Komuis Blick wieder zu ihr und dann zu dem fremden Rüden in der Ferne. Kaum zu fassen, dass der scheinbare, junge Einsiedler ihn auch nicht kannte. Ein Sprossen Hoffnung keimte in der Brust des Suchenden auf. Vielleicht handelte es sich wirklich um jemanden aus dem alten Rudel - was Namís Instinkt, er wäre ungefährlich, nur unterstreichen würde. . . |
| | | Cajetan
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Do Okt 21, 2010 12:37 am | |
| Harw. Da ging doch die Party glatt ohne ihn los. Wie ärgerlich das war. Doch Cajetan hatte auch nicht groß damit gerechnet, dass es erstmal bei einem kleinen Aperitif bleiben würde. Wäre doch viel zu interessant gewesen, als dass es sich in so einer öden, leeren Eiswüste hätte abspielen können. Er bezweifelte, dass der Kleine die beiden Artgenossen mit freundlichen Worten begrüßt hatte, doch hätte ihm von Anfang an klar sein können, dass Komui ihn dennoch nicht in seine Schranken wies und ihn fürs erste mundtaub machte. Naa. Man hoffte ja immer wieder auf Wunder, nur um dann enttäuscht zu werden. Diesen Quatsch sollte man sich abgewöhnen. Aber wirklich. Er gähne kurz, ehe er gelangweilt blinzelnd in Richtung der anderen spähte. Sinnloses Blahblah, was sie gerade von sich gaben, dafür würde er eine Pfote ins Feuer legen. Doch es war ungefähr genauso langweilig, hier im schmutzigen, kalten Nichts zu sitzen, von daher wurde es nun also Zeit, die Party als Ehrengast ein wenig aufzumischen. Er erhob sich, streckte die Glieder und machte sich allmählich auf den Weg, den anderen entgegen. Er beobachtete, wie sich Namí ein Stück entfernte, wie Komui ihr hinterher trottete wie ein braves Hündchen der Menschen und der Kleine ihn nicht mehr aus den Augen lies. Komui kannte er nicht anders. Er tat alles, solange es Namí zur Liebe war. Im Grunde ziemlich töricht. Doch Cajetan war niemand, der den anderen in ihre Sachen redete. Meistens zumindest. Oder eben nur, wenn es um das Verhältnis zwischen Komui und Namí ging. Ganz wie man es sah. Und im Grunde musste er sein hübsches Schnäuzchen halten. Immerhin war er derjenige, der den beiden hinterher trottete, wie – wie war eine schöne Metapher vorhin gleich gewesen? – ein Hündchen. Er kam näher und allmählich war er der Überzeugung, seine beiden Freunde wussten genau, wer da auf sie zu kam. Vielleicht war es das Zucken, welches sich in der Rute der Braunen zeigte, vielleicht aber auch einfach der fehlende Zweifel an der Intelligenz beider. Bei dem Knirps war man sich da noch nicht so sicher. Er stellte die Ohren, hob die Rute an, sodass sie ein bisschen über seinen Rücken hinausragte, um dem Jüngling direkt deutlich zu machen, wer hier wo stand. Denn Cajetan ohne Stolz, war fast unmöglich. Wobei man das fast wirklich nur ganz selten sah. Je näher er kam, desto langsamer wurde sein Schritt, ehe er ein Stück neben dem Neuling zum Halten kam. Er schenkte den beiden bekannten Gestalten einen kurzen Blick, ehe seine grauen Augen sich in die des benachbarten Körpers bohrten und sich ein amüsiertes Lächeln auf seine Lefzen stahl, bei dem Anblick des verbitterten, misstrauischen Wolfs. Hachje. Er sollte sich besser vorsehen, sonst würde er diesen bemitleidenswerten Blick nie mehr los werden. # # „Pass auf, sonst bleibt das so.“ Ein freundlicher Ton mit einem Hauch Ironie, ehe er sich an die anderen beiden wendete. # # „Was ist? Kein bisschen erfreut, mich zu sehen? Das bricht mir das Herz!“ |
| | | Echo
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Do Okt 21, 2010 7:48 pm | |
| Echo wandte sich zu der Pelzigen um, die da sprach. Soso, sie hatten ihn nicht zu fürchten, ja? Ging das überhaupt an ihn, Echo, oder war das nur für Mister Braunauge neben ihr gedacht? Ganz schön eingebildet, diese Fähe, die einfach mitten im Satz den Ansprechpartner wechselte. Sie hatte Echo doch direkt vor sich stehen, warum sprach sie nicht so, dass er sie verstand? Die Falte zwischen Echos Augen wurde tiefer. Allmälich war er sich nicht einmal mehr sicher, ob er nicht noch ein halbes Jahr warten sollte, bis sich an einem Tag drei pelzige Braunaugen zu ihm verliefen. Das ganze nahm nämlich so groteskte Züge - sie sollten, nein hatten ihm die Füße zu küssen, nicht anderesherum (!) - an, und wenn Echo sich entscheiden musste zwischen mit diesen beiden den Ausgang suchen und dabei von einem dritten Fellwolf verfolgt zu werden, oder ein halbes Jahr in gewohnten Terretorium zu vegetieren, dann wählte er mit Vorlieb die Zweite. Überhaupt, was bildete sich Fräulein Braunauge, sei sie noch so viel älter als er, ein, zu behaupten, der Fremde war ungefährlich? In gewissem Sinne waren sie alle gefährlich, alle drei. Echo bereute, dass er ihnen gefolgt war.
Nun stellte sich der braunäugige Rüde als 'Komui' vor, und die arrogante Fähe neben ihm, seine Schwester, als 'Namí'. Echo sah die beiden abwechselnd an, voller Verblüffung, wollten sie ihn veralbern? Er kannte Namen wie Stern, Regentin, Regen [- auch wenn sein Bruder sich selbstherrlicher Weise auf den Namen 'Regin' umbenannt hatte], Mamor, Brise - aber was sollte das sein, ein Komui, eine Namí? Um seiner Überraschung ausdruck zu verleihen, runzelte er die Rüdenstirn. "Das sind aber komische Namen... . Mich nennt man Echo.", stellte er sich dann vor, noch immer sichtlich verwirrt. Plötzlich hörte er den Fremden näher kommen, spürte es, wenn man genau war. Er ging nämlich gegen den Wind, wie Echo vor ihm, aber die Erschütterung, die er auf dem Boden hinterließ, war ohne Zweifel nicht zu über... wie sagte man, überspüren?! Jedenfalls wirbelte Echo mit weit aufgerissenen Augen herum und duckte sich sofort knurrend. Frechheit, sich so anschleichen zu wollen, er hatte Cajetan schon von weitem gespürt, diesen Elefanten! Da sich das dritte fellbüschel im Bunde aber ganz gelassen gab, gab auch Echo seine feindselige Haltung bald auf, sah ihn jedoch verächtlich an, als er versuchte, sich mit milden Gesten über den Grauen und die Geschwister zu stellen. Jammerlappen! Ohne ihn, Echo, würde er niemals herauskommen. Also begann der Jüngste im Kreis, sich gelassen zu geben. Früher oder später würden sie auf ihn, den Mischling, zurückkommen müssen, oder sie würden trostlos in der Eissteppe verrecken. Jawohl. . . |
| | | Namí
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Do Okt 21, 2010 8:58 pm | |
| Sie wusste nicht recht, was sie von ihm halten sollte. Er war jung, unerfahren und daran war natürlich nichts auszusetzen. Doch gleichzeitig fühlte er sich jedem überlegen – Ein Irrglaube seinerseits, der ihm sicherlich noch eines Tages das Genick brechen würde. Schweigend spielte die Braune mit den Ohren, während sich Komui dem Grauen vorstellte und auch ihren Namen nannte. Sie nickte bloß, ehe sie wieder in ihr nicht unterbrochenes Schweigen verfiel. Wie lange er wohl schon hier war? Und vor allem: Wieso? Er tat ihr Leid. Sie wollte und konnte sich nicht vorstellen, wie es war, im Nichts ganz allein zu sein und um sein Überleben kämpfen zu müssen. Zumal er doch noch so jung und auf Schutz angewiesen war. Doch nach Außen zeigte sie nichts von all den Gedankengängen, die sich mit dem Versuch befassten, den Jüngling zu verstehen. Sein momentanes Verhalten verdiente kein Mitleid. Momentan vertrug dieses übermächtige Ego (übermächtig für einen Jungwolf) keinerlei Zuwendung von dieser Art. Sie schenkte ihm einen irritierten Blick, als er ihre Namen komisch fand. Doch wollte sie auch darauf nicht weiter eingehen, ohne genau ausschließen zu können, sich vielleicht wieder im Ton zu vergreifen. Lieber lenkte sie sich damit ab, den Fremden zu beobachten, wie er immer näher kam. Und allmählich dämmerte ihr auch, wieso von ihm keine Gefahr ausging. Ein kurzes Zucken ihrer Rute, ein aufmerksames Aufstellen der Ohren kündigte an, dass sie sehr wohl wusste, wer dort auf ihn zukam. Ein freudiges, leises Winseln, welches nur ihrem Bruder zu vernehmen war, kurz bevor sich der graue Wolf zu ihnen gesellte. Seine dominante Körperhaltung ignorierte sie, wusste sie doch (oder glaubte zu wissen), dass es sicherlich nicht ihnen galt. Komui hatte im Rudel über ihm gestanden, hatte der neue Beta werden sollen, doch dem Artgenossen war sein Rang so gut wie gleich gewesen. Es hatte nichts an seinem Verhalten geändert. An seiner überlegenden Art, die – wohl oder übel – in den meisten Fällen einen sehr guten Grund hatte. Und so gab er sich auch sogleich dem Jüngling gegenüber, der darauf nichts zu erwidern wusste. Ein ausdrucksloser Blick ihrerseits, ehe der Große die Worte an Komui und sie richtete. Oh ja. Das war Cajetan. Der gute, alte Cajetan. Doch die Freude wurde von einem ganz bestimmten Gedanken übertüncht… „W a s   i s t   g e s c h e h e n ?“ - Der Schuld. Aus welchem Grund war er hier? Hatte sich das, was sie gespürt hatte, wirklich bewahrheitet? Sie hoffte, o ja, sie hoffte inständig, dass es nicht so war und der Rüde sich aus eigenem Willen auf den Weg gemacht hatte, sie zu begleiten. |
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Fr Okt 22, 2010 1:07 am | |
| Komui schenkte dem Grauen ein sanftes Lächeln. Vermutlich war er ein bisschen verrückt geworden, durch dieses ganze Alleinesein und Gefangensein in der Steppe. Vielleicht kam er wirklich nicht heraus? ...aber wie sollten dann Komui und Namí herauskommen? Der Weißbraune blickte traurig zu Boden. Er konnte nicht für immer der Gute der beiden sein. Irgendwann wurde es zu viel. In seinem Herzen spürte Komui einen Verlust der.... aber was machte er überhaupt? Es war lächerlich. Er war ja der Gute. Er war ja der Starke. Und jetzt pessimistisch werden, konnte er sich einfach nicht erlauben! Ging nicht! Für beide nicht. „F r e u t   u n s ,   E c h o “, antwortete Komui freundlich, auch wenn er die Bemerkung über die Namen gekonnt übersah. Er sprach einfach für beide Geschwister, Namí schien anderweitig beschäftigt... wmoit überhaupt. Komui wandte sich von Echo zu seiner jüngeren Schwester, für welche wer alles aufegeben würde. In genau diesem Moment trat ein Klang an seine Ohren, bei welchem der Weißbraune erschrocken die Augen öffnete. Konnte das sein...? Konnte es... . Die Stimme gehörte der Person, der er, nach Namí, am meisten auf der Welt vertraute. Seine Stirn wandelte sich augenblicklich in besorgte Falten. Konnte das... konnte das... „C a j e t a n .“ Das klang nicht wie eine Frage. Das klang wie eine Feststellung. Komuis Blick glitt an dem Älteren herunter, er schien unverletzt. Sein Herz raste. Nur nicht so nahe an sich heranlassen. Komui lächelte Cajetan gequält zu. Er war unendlich erleichtert, diesen Rüden an seiner Seite zu wissen - denn er wusste, dass Cajetan bei ihnen bleiben würde. Und in diesem Moment war es egal, wo sie waren. In diesem Moment war es egal, dass Echo vielleicht gefährlich war. Es war egal, dass sie hier nie wieder hinaus kommen würden. Oder dass sie erfrieren würden. Oder dass es Komui immer schlechter ging, je aussichtsloser die Situation für Namí wurde. Es war eines wichtig. Nachricht von Zuhause. . . |
| | | Cajetan
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Fr Okt 22, 2010 4:53 pm | |
| Na, das war eindeutig keine Freude. Mein Murren drang aus seinem geschlossenen Fang, während er sich auf der Hinterhand niederließ und die beiden Geschwister musterte. Na wunderbar. Und dafür nahm man solch einen langen Weg auf sich – in der Hoffnung, man würde sich wenigstens über seine Anwesenheit freuen! Namí’s Lage verstand er ja noch gerade so (wenn er sich ganz doll anstrengte), doch dass auch Komui lediglich Sorge zeigte… Was sollte denn das?! Zusätzlich spürte er den scharfen Blick des Fremdlings, welcher ihn aber mehr als kalt ließ. Kälter noch, als die Temperaturen, die hier herrschten. Ein tiefes Schweigen überzog nun die Gruppe wie ein Nebelschleier, der in einer kühlen Herbstnacht über den Boden kroch und allmählich – Baum für Baum umarmend - das Land in seine Fänge riss. Reglos fixierte Cajetan Komui, ehe er sich dazu entschloss, die Stille doch zu brechen. Immerhin war da ja noch eine offene Frage, zu der – wie Leid es ihm auch tun sollte – er nicht viel sagen konnte. # # „Nichts ist geschehen! Zumindest nichts spannendes, was mich dazu gebracht hätte, nach eurem Abgang dort zu bleiben. Wer weiß. Vielleicht bin ich ja auch zu früh abgedampft und hab das Spannendste verpasst. Irgendwas muss ja kommen, wenn es noch nicht durchgezogen ist. Aber bei diesen Trotteln wäre mir selbst ein einziger Tag wie ein ewig langer Winter vorgekommen! Da bin ich euch beiden doch lieber hinterher, bevor ihr noch irgendeine Klippe runterpurzelt. Wir wollen ja nicht, dass sich noch jemand verletzt, nicht wahr?“ Er schenkte Namí einen kurzen Blick, als er auf ihren Instinkt zu sprechen kam und schließlich ruhten seine kühlen, grauen Augen wieder auf Komui, unterstützt mit einem ironischen Lächeln. Dann wand er sich mit einem seitlichen Kopfnicken an den Jüngling. # # „Und wo habt ihr diesen kleinen Feenkönig aufgegarbelt? “ Ihm war der Name des Jungen nicht entgangen. |
| | | Echo
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege So Okt 24, 2010 4:42 pm | |
| Echos Blick blieb - wie schon so oft - an Namí hängen, welche ihn irritiert musterte. In seinem inneren wallte Beleidigung auf. Wa sstarrte sie ihn so an? Hatte er rosa Fell, oder was? Und er war ja auch nicht ein paar Monate alt, wer war anderthalb Jahre, und, ganz im Gegensatz zu ihr, hatte er den Weg durch die eisige Steppe allein geschafft, ohne Hilfe von seinem Bruder! Womit er beim wahren grund für die Verfolgungsaktion angekommen war - der Bruder. Echo sah zu Komui, welcher immer noch freundlich auf ihn einging. Er war... ungefähr das genau Gegenteil von seinem Bruder. Dieser war ein Tyrann, ein Absolutist, ein unterwerfender Schwachkopf, und trotzdem... zu brutal, zu gerissen... mal ganz abgesehen davon, dass Echo unter seinen Klauen davongeschlüpft war, hatte sich Regin niemals einen Fehler erlaubt. Dieser Komui und seine Schwester hatten Echos Interesse erweckt, nicht nur, weil sie die ersten Wölfe waren, die er seit einem halben Jahr zu gesicht bekommen hatte. Sie hatten eine völlig andere Beziehung zueinander, als er und Regin jemals gehabt hatten - obwohl man das, was da zwischen Regin und seinem jüngeren Bruder war nicht gerade als Beziehungs bezeichnen konnte.
Und dann, als er noch mitten in gedanken versunken war, veränderte sich plötzlich die griesgrämige, schon fast spöttische Haltung Namís. Und auch Komuis Blick, vorher sanft und freundlich, wurde bedrückt und geqäult. Der Fremde war also da. Echo legte die Ohren an den Kopf und trat ein paar Schritte vor dem größeren - und pelzigeren - Wolf zurück. Trotzdem wandte er den Blick nicht ab, sondern hob auch das Kinn - eine wohl eher trotzige Geste, niemals würde er sich diesem alten Stock da unterwerfen. Immerhin war er Echo, der Einsiedler. Namí ergriff das Wort, und scheinbar schien sie den großen Rüden wirklich zu kennen. Der Graue war verwirrt, und als Komui dann ein fremdes Wort in die Runde warf, schien die Verwirrung komplett.
Erst, als Cajetan an die Reihe kam mit sprechen, ging Echo auf, dass dies der Name des Grauäugigen war. Er wunderte sich immer noch ein bisschen über die stark befellten Wölfe, doch er ließ die Zähne aufeinander liegen und wartete auf die Antwort des Neuankömmlings. Echo verstand, um genau zu sein, kein Wort, von dem, was Cajetan da quatschte. Es klang herablassend, und in Echo keimte die Erinnerung an Regin auf, der ihn immer behandelt hatte, als wäre er frisch aus dem Mutterleib gekrochen - natürlich nur wörtlich. Ansonsten hatte Regin Echo genau so behandelt, wie jedem anderen, dem er nicht traute - und zu diesen Vertrauten zählten nunmal nur Ruhe, Rast und Mamor - nämlich mit Tritten, Bissen und anderen herabwürdigenden Tätigkeiten und Befehlen.
Schließlich kam die Sprache auf Echo - jedenfalls bemerkte er dies nach ein paar Momenten. Feenkönig. Soso. Da hielt sich jemand wohl für einen ganz tollen - ganz zu schweigen davon, dass er in dreitter Person über den Anderthalbjährigen sprach. Als machte Echo ein paar Schritte auf Cajetan zu, stellte freundlich die Ohren auf und versuchte ein wenig, Komui nachzueifern, indem er ganz neutral zur Sprache kam und die schlichte Wahrheit herausrückte: "Ich habe wohl eher die Beiden hier aufgegabelt", erklärte er schlicht, "sie suchen scheinbar den Ausweg, liefen aber im Kreis.". . . |
| | | Namí
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege So Nov 14, 2010 1:28 am | |
| Namí nickte freundlich, als Komui das Wort zurück an Echo richtete. Sie hielt es für besser, ihn nicht zu wiederholen und weiter zu schweigen. Sie spürte, dass etwas Merkwürdiges in ihr vor ging. Sie konnte dem grauen Einsiedler aus irgendeinem Grund kein Vertrauen entgegen bringen. Sie wusste nicht, ob es an ihm lag, oder eher an der Tatsache, dass es ihr schier unmöglich schien, sich auf lediglich eine Sache zu konzentrieren. Sie konnte nicht bei dem Gespräch mit Echo bleiben; ihr Blick wurde immer wieder zu dem Fremden gezogen, der sich genährt und sich schließlich als Cajetan entpuppt hatte. Doch auch schien ihr Inneres nicht mit einem Gespräch mit ihrem alten Freund zufrieden zu sein. Sie sah ihn an, sah ihn sprechen, doch fiel es ihr schwer, ihm zu folgen. Er endete und Namí erinnerte sich nicht, etwas von einer großen Gefahr gehört zu haben. Also war zu Hause alles in Ordnung. Noch?Sie war froh, dass Cajetan hier war. Hier, bei ihnen, in Sicherheit? Sie erwiderte kurz den Blick des Grauen, jedoch weitaus weniger fröhlich, als er es sich sicherlich erhofft hatte. Mit ihm war ein Stück Hoffnung gekommen. Hoffnung und Erkenntnis. Doch mit seinen Worten hatte er all das wieder in unerreichbare Ferne gezogen. Sie wusste nicht, was zu Hause los war, was passieren würde oder war es inzwischen vielleicht doch schon geschehen? Es war doch klar, dass Erkenntnis tausendmal besser war als diese Ungewissheit. Sie senkte den Kopf, legte die Ohren schief und betrachtete einen Moment den leeren, ausgetrockneten Boden vor ihren Pfoten. Der Wind blies ihr ins Ohr, doch sie schien es nicht zu bemerken. Nach einer Weile erst hob sie erneut den Kopf, ein gespieltes Lächeln auf den Lefzen, während ach so wahre Worte ihren Fang verließen. „I c h   b i n   f r o h ,   d a s s   d u   n u n   b e i   u n s   b i s t ,   C a j e t a n .“ Er vertraute ihr. Er vertraute ihrem Gefühl. Er hatte dieses Vertrauen, welches Namí nicht hatte. Oder nicht wollte? Er wendete sich an Echo und sie setzte an, um zu antworten. Sie hoffte, dass er die Worte Cajetans nicht zu ernst nahm. Der Rüde kannte sich mit alten Sagen aus, das wusste Namí. Und deshalb verstand sie auch seine Andeutung. Sie öffnete den Fang, doch Echo kam ihr zuvor. Etwas überrascht blickte sie ihn an, kam es ihr doch vor, als wäre dies eine völlig andere Seite von ihm. „F ü r   w a h r.   D a   h a t   e r   R e c h t.   W i r   s i n d   a u f   d e r   S u c h e   n a c h   e i n e m   A u s w e g .“
|
| | | Komui
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege Fr Nov 19, 2010 12:36 am | |
| Cajetan. Es war gut, dass er dabei war - denn Komui hatte ihn schon immer zu seinen engsten Freunden gehört. Vielleicht war der zynische Wolf sogar der Einzige, der das merkwürdige Geschwisterpaar jemals verstanden hatte. Der Namí jedes Mal bedingungslos getraut hatte, auch, wenn ihre Visionen noch so merkwürdig schienen. Ihm fiel außerdem ein Weiterer Stein vom Herzen - Cajetan würde nicht Opfer der merkwürdigen Vorkommnisse werden. Er war hier bei ihnen, mit seiner scharfen Zunge, die den Geschwistern nur zu Gute kommen würde. Komui schauderte. Diese kalte Eissteppe jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Eigentlich hatten sie weiterlaufen sollen. Damit ihnen nicht kalt wurde, und so. Sein Blick wanderte zu Namí, die da stand, und dem Mitglied des unglückgeweihten Rudels ein falsches Lächeln schenkte. Sofort wurde der Ältere beunruhigt. Was veranlasste sie dazu, sich so verstellen zu müssen? Und bestimmt war ihr kalt. Ihr musste kalt sein, eiskalt. Und sie machte sich Sorgen um das rudel, dem sie den Untergang vorhergesagt hatte. Und... Langsam trat er näher an sie heran, bis er dicht neben ihr stand, sein Fell mit ihrem verschmelzend. Den Kopf hoch erhoben, lächelte er Cajetan ehrlich an. Mehr brauchte es nicht - nur ein ehrliches, erleichertes Lächeln. Er musste ihm nicht sagen, wie froh er war, dass er hier war. Wie sehr er sich freute. Wie sehr... Komuis Blick wanderte zu Echo, und auch für ihn hatte der gutmütige Ruhige ein Lächeln übrig. Etwa,s was er noch schnell von den Sorgen, die er sich um die 3 vor ihm machte - ja, er sorgte sich. Sie würden vielleicht mit Echos Hilfe hier herauskommen, doch was dann? Wer würde sie führen? Wusste Namí immer, wohin die Reise gehen würde? Wäre sie glücklich dabei? Er musste einen Ort finden, der sie glücklich machte. Sie alle drei. „A l s o ,   E c h o ", begann der Rüde munter, "  d a   d u   u n s   s o   g n ä d i g   a u f g e s a m m e l t   h a s t -   w i e   k o m m e n   w i r   h i e r   r a u s ?“ Er schmeichelte ihm nur ein ganzes bisschen - der Ruhige hatte shcon lange erkannt, dass Echo noch ein halbes Kind war. Sie mussten ihm das Gefühl geben, dass er wichtig für sie war - was er in diesem Falle tatsächlich war. Ja, ohne Echo fanden sie vielleicht niemals aus dieser Wüste. Komui verlangerte das Gewicht nach rechts. Er war da. Sie brauchte sich nicht sorgen. . . |
| | | Cajetan
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege So Nov 28, 2010 6:15 pm | |
| Auch, wenn er sich ihre Freude anders vorgestellt hatte, gab der Rüde sich doch damit zufrieden. Er wusste ja, wie wichtig er den beiden war und das sie momentan sicherlich anderes im Kopf hatten. Wer hatte dies nicht, wenn man in einer Eiswüste stand und keinen Ausweg sah? Wer, außer Cajetan, der diese Tatsache mehr als nur amüsant fand. Er lauschte dem grauen Einsiedler. So, wie es sich anhörte, hatte er ihm wohl zu danken. Ein zynisches Lächeln stahl sich auf seine Lefzen. War ja klar gewesen, dass Komui und Namí nicht mal einen halben Tag allein sein konnten, ohne sich zu verlaufen. Was waren sie nur ohne ihn… Was hatten sie nur für Glück, dass sie ihn hatten! # # „Dann müsste ich dir wohl danken, kleiner Elf.“ Er blickte den weißen Rüden vor ihm an und wusste, dass sein Blick mehr sagen würde als jeder spottischer Kommentar, der ihm nun einfallen würde. Namí’s Worte ließen ihn die Ohren aufstellen. Sein Blick wanderte zu ihr. Genau das war es gewesen, was er sich vorgestellt hatte. Die Abhängigkeit von ihm musste den beiden klar werden. Klar sein. Und Namí schien verstanden zu haben, dass sie nun weitaus größere Chancen hatten. Ihm war nicht entgangen, dass ihr Lächeln mehr als falsch war, weshalb auch sich auch seine Miene verfinsterte. Irgendetwas ging ihr gerade durch den Kopf, nur was? Vorerst musste er sich wohl mit ihren Worten begnügen. Was sie dachte, danach würde er sie später fragen. Dann, wenn sie sich sicher sein konnte, dass sie niemanden beunruhigte; sprich: Dann, wenn Komui nicht zuhören würde. Denn das schien doch ihr Problem zu sein, oder? Ein wachsamer Blick realisierte die Bewegung Komuis. Er wollte Namí ein Gefühl von Sicherheit geben, doch Cajetan bezweifelte, dass es funktionieren würde. Und seinen Plan verurteilte er auch sogleich zum Scheitern. Ein kurzes Lachen entwich ihm, ehe sich der Braune neben seine Freunde stellte und Elfenkönig prüfend musterte. # # „Ich bezweifle, dass er den Ausweg kennt. Würde er sonst noch hier herumgeistern?“ Er klang leicht gelangweilt und so, als würde er einen Welpen auf etwas aufmerksam machen, was vollkommen logisch war. So fühlte er sich auch. Und in seinen Worten lag sicherlich keine Rhetorische Frage. |
| | | Gesponserte Inhalte
| Thema: Re: Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege | |
| |
| | | | Spätherbst; Erstes Jahr - Irrwege | |
|
Seite 1 von 1 | |
| Befugnisse in diesem Forum | Sie können in diesem Forum nicht antworten
| |
| |
| |
|